Wir alle müssen der Wahrheit ins Auge blicken: Samsara ist ein Schlamassel. Jeder, der ein Praktizierender ist, muss dieser unangenehmen Wahrheit und ihren Konsequenzen ins Auge schauen. Wir leben in Samsara und Samsara ist ein Schlamassel.
Ich habe festgestellt, dass überall in der Welt, wohin ich komme, Buddhisten sagen: „Ich möchte wissen, wie ich im Alltag praktizieren kann.“ – so als sei dies relativ einfach und die Praxis der Meditation im Sitzen schwierig. So als gebe es eine Art Trick für das Praktizieren im Alltag und alles, was nötig sei, wäre diesen Trick zu lernen! Aber wenn man wahrhaft im Alltag praktizieren könnte, wäre man Buddha! Die Praxis im Alltag ist schwieriger als die Sitzmeditation, ja sie ist sogar das Schwierigste überhaupt. Aus diesem Grund musst du in Meditationssitzungen praktizieren, bei denen du in einer etwas begrenzten Situation übst. Dann entwickelst du allmählich eine gewisse Bewusstheit und beginnst, diese im Alltag anzuwenden.
Manche Meditierende glauben, es gebe ein Bündel Tricks, die man herausholen und im Alltag anwenden könnte. Sie sagen: „Wie kann ich mit meinem Hass umgehen?“ Nun, teilt es mir mit, wenn ihr es herausgefunden habt, denn das würde ich auch gerne wissen. Es ist schwierig! Selbstverständlich gibt es in allen schwierigen Situationen Dinge, die man tun kann, aber der Dharma ist kein Bündel aus Tricks und Techniken, die man einfach aus dem Hut zaubern kann wie ein Kaninchen. Es ist wichtig zu erkennen, dass dies die Welt der Frustration ist, dies ist die „sahaloka“, die Welt des geduldigen Ertragens. Sie ist ein Schlamassel, sie ist fürchterlich und es gibt keine Antwort auf sie. Sie ist kein Rätsel, das du lösen kannst, nicht einmal ein Rätsel, das überhaupt gelöst werden kann. Du kannst nicht in dieser Welt leben und fragen: „Was ist die Antwort auf all dies?“ und glauben, es gäbe eine Art von Lösung, die Welt-Glück oder persönliches Glück hervorbrächte. Es gibt keine Antwort. Es ist so: Wenn du in diesem Leben glücklich bist, dann hast du unglaubliches Glück. Das ist alles, was man sagen kann. Das Höchste, worauf wir hoffen können, ist, dass wir ab und zu für bestimmte Zeitspannen glücklich sein könnten.
In Samsara, im Ozean der bedingten Existenz zu leben, ist ein Schlamassel. Hoffentlich wirst du die Einsicht entwickeln, um diesen Ozean zu überqueren, aber der Prozess des Übersquerens bedeutet nicht, dass du Samsara loslässt oder aufgibst. Es bedeutet, dass du die Natur von Samsara erkennen musst. Du musst also darin arbeiten, ja, aber du arbeitest nicht darin und denkst: „Oh, ich könnte es mir darin gemütlich machen, ich muss nur den Trick finden, der das auslöst.“ Du wirst es nicht gemütlich haben in Samsara. Die Einsicht, die du entwickelst, wird das Innere von Samsara nach außen stülpen und wird dich selbst umkrempeln. Der Prozess der Einsicht ist schmerzhaft, sehr schmerzhaft. Du solltest dich also vermutlich fragen, ob du das wirklich willst.
Wenn du deine Einsicht weit genug entwickelst, aber den Punkt des vollständigen Aufwachens, der noch in einiger Entfernung liegt, noch nicht erreicht hast, wirst du unglücklicherweise auch nicht mehr einschlafen können. Daher wirst du immer gereizter. Du weißt, wie es sich anfühlt, wenn du im Halbschlaf bist. Du bist noch nicht richtig wach, aber du kannst auch nicht richtig schlafen. Man fühlt sich enorm gereizt. So ist der Dharma. Du musst einfach ganz aufwachen, sodass du endlich in der stärkenden frischen Luft auf dem Berggipfel der Raumhaftigkeit bist und erkennst, dass es dort besser ist als in deinem Mief. Dennoch ist es eine schmerzhafte Übergangszeit.